FAMILIENRECHT
Rechtsanwalt – Tipp – Umgangsrecht: Keine Beratung beim Jugendamt vor dem Gerichtsverfahren erforderlich !
Autor: Mathias Henke - Rechtsanwalt
Das OLG Hamm in einer aktuellen Entscheidung die Frage geklärt, ob vor einem Gerichtsverfahren im Hinblick auf die Regelung des Umgangsrechtes der jeweilige Antragsteller zunächst eine Beratung beim Jugendamt in Anspruch genommen haben muss (OLG Hamm , Beschluss vom 03.03.2011 (Az. II-8 WF 34/11))
I. Allgemeines Umgangsrecht
Rechtsstreitigkeiten im Hinblick auf das Umgangsrecht entstehen in der Regel dann, wenn der betreuende Elternteil dem anderen Elternteil entweder überhaupt keinerlei Umgang mit dem gemeinsamen Kind einräumen will oder aber den regelmäßigen Umgangskontakt zum Kind einschränkt oder sonst wie vereitelt. Andererseits kann eine rechtskräftige Festlegung der Umgangszeiten auch für den betreuenden Elternteil wichtig sein, wenn beispielsweise der andere Elternteil Umgangskontakte nur sporadisch wahrnimmt und insbesondere hierbei meint, der betreuende Elternteil müsse sich nach den zeitlichen Vorstellungen des jeweils anderen richten.
Derlei Regelungen lassen sich häufig allerdings auch eventuell beim jeweils zuständigen Jugendamt treffen. Nachteil solcher Vereinbarungen ist jedoch, dass diese nicht vollstreckt werden können, wenn einer der Elternteile der Vereinbarung nicht entspricht bzw. diese aufgekündigt.
II. Das Problem:
Gleichwohl wurde insbesondere nach der jüngsten Gesetzesnovellierung (Abschaffung FGG, Einführung vom FamfG) häufig die Ansicht vertreten, dass die sofortige Einleitung eines Gerichtsverfahrens mutwillig sei. Diese Ansicht hat insbesondere in den Fällen erhebliche Bewandtnis, in denen der Antragsteller sozial bedürftig und daher auf Verfahrenskostenhilfe (ehemals Prozesskostenhilfe) angewiesen ist: bei angenommener Mutwilligkeit müsste dem bedürftigen Antragsteller die Verfahrenskostenhilfe verweigert werden.
Dem hat allerdings nun das OLG Hamm deutlich widersprochen:
Nach Ansicht der Richter hat jeder Elternteil einen Anspruch auf eine rechtsverbindliche und damit auch notfalls vollstreckbare gerichtliche Entscheidung; dies gilt sowohl für den Fall, dass bereits eine entsprechende Vereinbarung beim Jugendamt getroffen worden sei, als auch für die Fälle, in denen keinerlei Beratung des Jugendamtes vorausgegangen sei. Entscheidend sei lediglich, dass der Antragsteller mit dem gerichtlichen Verfahren eine rechtliche Besserstellung erlangen könne, was eben im Hinblick auf die mögliche Vollstreckbarkeit einer gerichtlichen Entscheidung in der Regel der Fall sei.
III. Fazit:
Antragstellungen auf gerichtliche Regelung des Umgangsrechtes ohne vorherige Beratung beim Jugendamt sind daher nicht als mutwillig anzusehen, insbesondere eben auch nicht für den Fall, dass der Antragsteller Verfahrenskostenhilfe bzw. Prozesskostenhilfe beantragt hat.
IV. Bewertung:
Die Entscheidung schafft die notwendige Klarheit, dies insbesondere für den Elternteil, der das Umgangsrecht gerichtlich geregelt haben will, hierzu aber Verfahrenskostenhilfe (Prozesskostenhilfe) beantragen muss. In der letzten Zeit war es häufig unklar und vom Zufall des Gerichtsortes abhängig, ob ohne vorherige Beratung beim Jugendamt der diesbezügliche Antrag als mutwillig abgelehnt würde. Im OLG-Entscheidung hat diese unnötige Unsicherheit nunmehr abschließend beseitigt.
Rechtsanwalt M. Henke -Dortmund-