ZWANGSVOLLSTRECKUNGSRECHT
Rechtsanwalt-TIP: Neue Pfändungstabelle zum 01.07.2011
Autor: Mathias Henke - Rechtsanwalt
Zum 01.07.2011 wird die Pfändungstabelle turnusmäßig angepasst, aus der sich die Pfändungsfreibeträge ergeben. Gelegenheit für einen kurzen Überblick in Sachen Lohnpfändung, Kontopfändung, Pfändungsfreigrenzen und „P-Konto".
I. Allgemeines
Gemäß § 850c ZPO ist - wie bekannt sein dürfte- das Arbeitseinkommen eines Schuldners in gewissem Rahmen unpfändbar, so dass ihm ein unverrückbares Existenzminimum zur Verfügung bleibt, auf das seine Gläubiger im Rahmen einer Zwangsvollstreckung keinen Zugriff haben. Das Bundesjustizministerium hat nunmehr die neue Pfändungstabelle gemäß § 850c ZPO bekannt gegeben.
II. Neue Pfändungsfreigrenzen
Gemäß der neuen Tabelle bemisst sich der grundsätzliche Pfändungsfreibetrag ab dem 01.07.2011 für Personen ohne Unterhaltsverpflichtungen auf 1.029,99 Euro (bislang 989,99 Euro), bei Personen mit einer Unterhaltsverpflichtung auf 1.419,99 € (bislang 1.359,99), bei Personen mit zwei Unterhaltsverpflichtungen neuerdings auf 1.639,99 € und bei drei Unterhaltsverpflichtungen auf 1.849,99 €.
Beispiel:
Ein Schuldner, welcher seiner Ehefrau und einem weiteren gemeinsamen Kind unterhaltspflichtig ist, kann 1.639,99 EUR netto verdienen, ohne dass Gläubiger auf dieses Arbeitseinkommen irgendeinen Anspruch haben.
Die Pfändungsfreigrenzen können auf Antrag vom zuständigen Amtsgericht erhöht werden, soweit der Schuldner nachweist, dass er außerordentliche Belastungen zu tragen hat (beispielsweise Sonderbedarf wegen Schwerbehinderung oder chronischer Krankheit).
III. Anwendungsbereiche
Die gestiegenen Pfändungsfreigrenzen der Pfändungstabelle spielen nicht nur dort eine Rolle, wo ein Gläubiger direkt beim Arbeitgeber das Arbeitseinkommen bzw. den Lohn pfändet, sondern auch bei etwaigen Kontopfändungen des Girokontos, wenn nachgewiesen wird, dass das jeweilige Konto ausschließlich vom Arbeitseinkommen gespeist wird.
1. Pfändung des Arbeitseinkommens / Lohnpfändung
Wird das Arbeitseinkommen direkt beim Arbeitgeber gepfändet, ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Pfändungsfreigrenze von sich aus zu beachten, andernfalls er sich etwaig schadensersatzpflichtig gegenüber dem Arbeitnehmer macht. Der Arbeitgeber kann aber selbstverständlich auch nur die Unterhaltsverpflichtungen ansetzen, die ihm bekannt sind: es liegt daher im Interesse des Arbeitnehmers, der von einer Pfändung bedroht oder betroffen ist, dem Arbeitgeber seinen Familienstand und seine Unterhaltsverpflichtungen offen darzulegen.
2. Kontopfändung
Bei Pfändungen des Girokontos kann nach wie vor ein Antrag beim Amtsgericht gestellt werden, die entsprechenden Arbeitseinkommen und die diesbezüglichen Kontoeingänge pfändungsfrei zu stellen. Nach neuester Gesetzeslage ist jedoch ein jedes Kreditinstitut verpflichtet, seinem Bankkunden und Kontoinhaber ein sogenanntes "P-Konto" (Pfändungsschutzkonto) zur Verfügung zu stellen. Dieses Konto ist kein neues Girokonto, sondern das alte Girokonto wird einfach in ein "P-Konto" gewandelt mit der Folge, dass dieses Konto fortan pfändungsfrei ist.
Wichtig hierzu: viele Banken sperren sich nach wie vor dagegen, ohne entsprechenden gerichtlichen Beschluss dieses Konto einzurichten; das ist gesetzeswidrig: Nach § 850k ZPO hat jeder Bankkunde einen verbindlichen Rechtsanspruch auf Einrichtung bzw. Umwandlung seines Kontos in ein solches Pfändungsschutzkonto.
Wichtig ist nur, dass zum Monatswechsel am Ende eines Monates das eingegangene Arbeitseinkommen auch tatsächlich verbraucht ist: Ein Zurücklegen bzw. Ansparen von Geldern ist nicht möglich.
Rechtsanwalt Mathias Henke - Dortmund