FAMILIENRECHT
Vaterschaftsanerkennung auch noch nach dem Tod der Mutter
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Karlsruhe (jur). Eine Vaterschaftsanerkennung ist auch nach dem Tod der Mutter noch möglich. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am Donnerstag, 19. Oktober 2023, veröffentlichten Beschluss erstmals entschieden (Az.: XII ZB 48/23). Danach genügt dann die Zustimmung des Kindes oder seines gesetzlichen Vertreters.
Die Klägerin aus Unterfranken ist heut 60 Jahre alt. Im Geburtenregister ist kein Vater eingetragen, ihre Mutter starb 2004. Mit notarieller Urkunde erkannte 2021 ein Mann die Vaterschaft an, die Klägerin stimmte dem ebenfalls mit notarieller Urkunde zu. Der Mann starb bereits im nächsten Jahr.
Das Amtsgericht Schweinfurt und das Oberlandesgericht Bamberg lehnten eine Eintragung der Vaterschaft ins Geburtenregister ab. Die Vaterschaftsanerkennung setzte laut Gesetz die Zustimmung der Mutter voraus. Dies sei nach deren Tod nicht mehr möglich.
Der BGH entschied nun jedoch, dass die Anerkennung der Vaterschaft wirksam ist. „Mit dem Tod der Mutter entfällt das Zustimmungserfordernis“, heißt es in den Karlsruher Leitsätzen. „Für die Wirksamkeit der Vaterschaftsanerkennung genügt in diesem Fall die Zustimmung des Kindes (…) beziehungsweise die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters“.
Zur Begründung erklärte der BGH, der Gesetzgeber habe das Zustimmungserfordernis 1998 eingefügt. Vorher habe die Zustimmung des Kindes oder dessen gesetzlichen Vertreters zu einer Vaterschaftsanerkennung gereicht. Mit der Neuregelung habe der Gesetzgeber „die Rechtsstellung der Mutter bei der Anerkennung der Vaterschaft stärken“ wollen. Diese Rechte könne die Mutter nach ihrem Tod aber nicht mehr ausüben. Der vorrangige Zweck des Zustimmungserfordernisses sei dann entfallen.
Anders als die Vorinstanzen meinten, sei demgegenüber die „Gewährleistung der Abstammungswahrheit“ nachrangig, so der BGH weiter. Auch bei einer Zustimmung der Mutter werde die biologische Abstammung nicht geprüft. Das deutsche Abstammungsrecht nehme „fehlerhafte Zuordnungen (…) bewusst in Kauf“.
Zudem spreche „auch das Interesse des Kindes dafür, dass nach dem Tod der Mutter die Möglichkeit einer Vaterschaftsanerkennung bestehen bleibt“, heißt es abschließend in dem jetzt schriftlich veröffentlichten Beschluss vom 30. August 2023.
Warum hier die nun anerkannte Tochter die Vaterschaft bestätigt haben wollte, ist gerichtlich nicht festgestellt. Ein Motiv könnte in einem dadurch deutlich höheren Steuerfreibetrag für eine Erbschaft liegen.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock