Steuern in der Türkei - Türkisches Steuerrecht
Autor: Dr. Fatih Dogan - Rechtsanwalt (Avukat)
Das türkische Steuersystem ist ursprünglich unter Einfluss und mit Beitrag der deutschen Steuerrechtsprofessoren während des zweiten Weltkriegs gestaltet worden. Aus diesem Grund bestehen umfassende Gemeinsamkeiten zum deutschen Steuersystem. Seitdem sind jedoch zahlreiche neue Steuern, Abgaben und Sonderregelungen eingeführt, welche starke Abweichungen mit sich gebracht haben.
Neben der Einkommenssteuer, Körperschaftssteuer und Mehrwertsteuer werden noch zahlreiche einzelne Sondersteuern wie Stempelsteuer, Sonderverbrauchssteuer, Kommunikationssteuer etc. erhoben. Dadurch ist das Steuersystem ziemlich kompliziert gestaltet. Insoweit ist die bürokratische Aufwand für Unternehmen für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten hoch.
Das Steuerrecht in der Türkei wurde mit der Reform des türkischen Körperschaftssteuergesetzes im Jahre 2006 reformiert. Diese Steuerrechtsreform hat ein teilweise übersichtlicheres und besser auf internationale Standards angepasstes Steuersystem ermöglicht. Zugleich wurde der allgemeine Steuersatz für Unternehmen bzw. die Körperschaftssteuer in der Türkei von 33% auf 20% herabgesetzt, um das Wirtschaftsklima zu verbessern.
Die Steuern in der Türkei bestehen hauptsächlich aus den unten genannten drei Kategorien:
1. Einkommensteuern
2. Ausgabensteuern
3. Vermögenssteuern
Mit diesem Leitfaden bezwecken wir, einen Überblick über die einzelnen Steuern in der Türkei zu geben. Dies soll zukünftige Investoren zu einer Entscheidungsfindung bezüglich einer Investition in der Türkei verhelfen.
1. Einkommensteuern (Gelir Vergileri)
1.1. Einkommensteuer (Gelir Vergisi)
Die gesetzliche Grundlage für die Erhebung der Einkommensteuer stellt das türkischeEinkommensteuergesetz „Gelir Vergisi Kanunu“ dar. Das Gesetz verpflichtet ertragserzielende natürliche Personen zur Abführung der Einkommensteuer.
Die Einkommenssteuer in der Türkei wird auf alle Einkommen von In- und Ausland einer natürlichen Person erhoben. Für die nicht in der Türkei wohnhafte aber dort durch Arbeitsleistung, Zinsen, Anteilsverkäufe oder ähnliche Aktivitäten Einkommen erzielende Personen (beschränkt Steuerpflichtige) beschränkt sich die Einkommenssteuerpflicht auf das inländische Einkommen.
Hinsichtlich der Einkommenssteuer wird es zwischen unbeschränkter und beschränkter Steuerpflichtigkeit unterschieden. Unbeschränkt steuerpflichtige Personen sind diejenigen, die sich in einem Kalenderjahr länger als 6 Monate in der Türkei aufhalten. Beschränkte Steuerpflicht entsteht für Personen, die sich weniger als 6 Monate in der Türkei aufhalten, jedoch von bzw. in der Türkei ein Einkommen erzielen. Während die unbeschränkt Steuerpflichtigen für deren Welteinkommen in der Türkei steuerpflichtig sind, sind die beschränkt Steuerpflichtigen nur für deren innerhalb der Türkei erzielten Einkommen in der Türkei steuerpflichtig. Allerdings sind im Falle der internationalen Einkommen einer Person die Regelungen der jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen zu beachten.
Der Einkommenssteuersatz in der Türkei ändert sich je nach Höhe des Einkommens zwischen 15% und 35% wie folgt progressive.
Einkommenssteuersätze in der Türkei für jährliches Einkommen (für 2013)
Einkommen (TRY)
Steuersatz (%)
Bis 10.700
15
10.701–26.000
20
26.001–60.000
27
60.001 und darüber *
35
* Im Falle des Einkommens aus Arbeitsverhältnissen ist 35 % erst ab 94.000 TRY anzuwenden.
Hinsichtlich der Zahlung der Einkommenssteuer gibt es in der Türkei eine wichtige Besonderheit. Das türkische Finanzamt kassiert die Einkommenssteuer mit der sog. Quellensteuer (Stopaj) an der Stelle, wo die Steuer entsteht, ohne die jährliche Steuererklärung abzuwarten. Die Quellensteuer ist vom Leistungserbringer in der Rechnung auszuweisen und dementsprechend vom Rechnungsempfänger / Kunde abzuziehen und direkt an das Finanzamt überführt. So ist beispielsweise Mietverhältnissen der Mieter, bei Vertragsverhältnissen mit den Freiberuflern der Klient, bei Zinserträge die Bank und bei Dividenden die Gesellschaft verpflichtet, die Quellensteuer abzuziehen und dem Finanzamt abzuführen.
Der Prozentsätze der Quellensteuer sind je nach Art des im Hintergrund stehenden Rechtsgeschäfts unterschiedlich. Beispielsweise ist der Quellensteuersatz bei Mieteinkünfte 20%, bei Zinserträge 15%, bei Dividenden 15%.
1.2. Körperschaftssteuer (Kurumlar Vergisi)
Die Körperschaftssteuer in der Türkei wird auf Basis des türkischen Körperschaftssteuergesetzes „Kurumlar Vergisi Kanunu“ erhoben. Die Verpflichteten der Körperschaftssteuer sind in 5 folgende Gruppen unterteilt: 1. Gesellschaften, 2. Genossenschaften, 3.Öffentliche Wirtschaftsanstalten, 4.Wirtschaftliche Betriebe von Vereinen und Stiftungen, 5. Geschäftspartnerschaften.
Der einheitliche Steuersatz der Körperschaftsteuer in der Türkei beträgt 20% des Geschäftsgewinns. Dieser Prozentsatz wurde durch die Reform im Jahre 2006 von 33% auf 20% herabgesetzt. Bei der Körperschaftssteuer gibt es zwei verschiedene Verpflichtungsformen, von denen eine ganz, die andere gering ist. Körperschaften mit Sitz innerhalb der Türkei sind zur Gänze zur Abführung der Körperschaftssteuer verpflichtet. Körperschaften, die durch Zweigstellen oder Büros innerhalb der Türkei vertreten sind, sind der geringen Steuerpflicht unterlegen.
Das Körperschaftssteuer wird nach der Erklärung der Verpflichteten auferlegt. Die Verpflichteten der Körperschaftssteuer müssen folgende drei Arten von Erklärungen angeben:
- 1. Körperschaftssteuererklärung (Kurumlar Vergisi Beyannamesi)
Die Körperschaftssteuererklärung wird einmal im Jahr und spätestens bis 25. April des folgenden Jahres angegeben. Die Zahlung der veranlagten Steuer muss spätestens bis Ende April erfolgen.
- 2. Quellensteuererklärung (Muhtasar Beyanname)
Die Quellensteuererklärung wird monatlich oder dreimonatlich (bis 23. Januar, 23. April, 23. Juli, 23. Oktober) abgegeben. Mit der Quellensteuererklärung werden hauptsächlich die abgezogenen Quellensteuern angegeben.
- 3. Vorläufige Steuererklärung (Geçici Beyanname)
Die vorläufige Steuererklärung ist jeweils dreimonatlich und bis zum 14. Tag des folgenden Monats nach der Beendigung jeder dreimonatigen Periode abzugeben. Mit der vorläufigen Steuererklärung wird in der Tat die Körperschaftssteuer in dreimonatlichen Perioden festgestellt und gezahlt. Das Finanzamt kassiert somit die Körperschaftssteuer in dreimonatlichen Perioden, ohne das Ende des Jahres abzuwarten.
2. Ausgabensteuern (Gider Vergileri)
2.1. Mehrwertsteuer / Umsatzsteuer (Katma Değer Vergisi - KDV)
Die Mehrwertsteuer in der Türkei wird seit 1985 erhoben, welche auf das im gleichen Jahr in Kraft getretene türkische Mehrwertsteuergesetz (Katma Değer Vergisi Kanunu - KDVK) zurückzuführen ist.
Mehrwertsteuerpflichtige Verfahren werden unter den folgenden Punkten erfasst:
1. Dienste und Übergaben, die im Rahmen des Handels, der Landwirtschaft und der freiberuflichen Tätigkeit erbracht werden
2. Jede Art von Waren- und Dienstimporte
3. Aus anderen Tätigkeiten entstandene Warenlieferungen und Dienste
Die Steuerpflicht entsteht für alle Personen, die diese Tätigkeiten verrichten. Die Höhe der jeweiligen Mehrwertsteuer bemisst sich zwischen 1 und 18%, je nachdem welche Liste zur Anwendung kommt.
Unterschiedliche Mehrwertsteuersätze in der Türkei (2013)
Kategorien
Steuersatz (%)
Kriterien
Kategorie 1
Stark ermäßigter Satz
1 %
Liste 1: Trockene Nahrungsmittel, Baumwolle, Weizen etc., teilweise Wohnungen
Kategorie 2
Ermäßigter Satz
8 %
Liste 2: Grundnahrungsmittel (Milch, Nudeln, Öl, etc.) und weitere Waren- und Dienstleistungen, teilweise Wohnungen
Kategorie 3
Normalsatz
18 %
Alle außerhalb der Liste 1 und Liste 2 gebliebenen Waren- und Dienstleistungen, teilweise Wohnungen
Eine außergewöhnliche Mehrwertsteuerpraxis in der Türkei ist im Bereich der in der Türkei geleisteten Dienstleistungen etabliert. Danach müssen auch ausländische Kunden die türkische Mehrwertsteuer zahlen, wenn die Dienstleistung (insbesondere Steuerberater-, Anwalts-, Reise-, Hotel-, Beratungsdienstleistungen etc.) in der Türkei geleistet worden ist. Die Rückerstattung der in der Türkei gezahlten Mehrwertsteuer für ausländische Steuerschuldner in der Praxis nicht möglich oder sehr schwierig.
Die Mehrwertsteuererklärung (Katma Değer Vergisi Beyannamesi) ist spätestens bis 24. Tag des folgenden Monats abzugeben und die Zahlung bis 26. Tag des folgenden Monats zu leisten.
2.2. Sonderverbrauchsteuer (Özel Tüketim Vergisi - ÖTV)
Die Sonderverbrauchsteuer (Sonderkonsumsteuer) in der Türkei ist im Jahr 2002 aufgrund der Harmonisierung mit der EU-Gesetzgebung eingeführt worden. Diese Steuer wird über bestimmte Waren- und Dienstleistungen pauschal oder anteilig erhoben. Das Ziel ist vorrangig soziale Zwecke zu erfüllen. Aus diesem Grund wird die Sonderverbrauchsteuer vielmehr für Luxuswaren, gesundheitsschädliche Produkten (Alkohol, Zigarette etc.), umweltschädliche Produkte (Benzin etc.).
Anders als Mehrwertsteuer entsteht die Sonderverbrauchsteuer nicht bei jeder Weitergabe der Waren, sondern nur bei der Lieferung an den ersten Kunden nach der Herstellung oder Import. Die Steuerpflichten der Sonderverbrauchsteuer sind also die Importeure und Hersteller.
Die zu besteuernde Produkte sind in 4 verschiedenen, ständig aktualisierten Listen festgelegt. Diese sind:
1.Liste Erdölprodukte, Erdgas, Schmieröl, Solvent, und desgleichen
2.Liste Automobile und andere Transportmittel mit Motoren, Motorräder, Flugzeuge, Hubschrauber, Jachten
3.Liste Tabak, alkoholische Getränke und Getränke mit Kohlensäure
4.Liste Luxusartikel
2.3. Steuern für Bank- und Versicherungsleistungen (Bankacılık ve Sigorta Muameleleri Vergisi)
Für die Transaktionen von Banken und Versicherungsgesellschaften gibt es keine Mehrwertsteuer in der Türkei. Diese unterliegen aber der sogenannten Bank- und Versicherungssteuer. Diese Steuer ist auf Einnahmen von Banken wie Darlehenszinse etc. zu erheben. Der Regelsteuersatz ist 5 %. Für die Zinsen auf Einlagetransaktionen zwischen Banken ist ein ermäßigter Steuersatz von 1 % und auf Devisenverkaufstransaktionen ein ermäßigter Steuersatz von 0,1 % anzuwenden.
2.4. Stempelsteuer (Damga Vergisi)
Die türkische Stempelsteuer wird auf alle Verträge, Belege, Unterlagen und rechtlich relevante Papiere erhoben. In der Regel sind beide Vertragsteile gesamtschuldnerisch verpflichtet, die Stempelsteuer zu zahlen.
Die Stempelsteuer in der Türkei ist als prozentualer Betrag des angegebenen Wertes auf dem Dokument zu verschiedenen Steuersätzen zwischen 0,189% (Hundert neun und achtzig Promille) und 0,948% (Neun hundert acht und vierzig Promille) zu entrichten (Stand 2013). Die Stempelsteuersätze werden jährlich angepasst.
Die im Ausland bei den ausländischen Behörden ausgestellten Papiere sind in der Türkei erst dann mit Stempelsteuer zu belasten, wenn diese in der Türkei verwendet werden. Steuerpflichtig sind diejenige Personen, die diese Unterlagen den türkischen Behörden in der Türkei vorlegen.
3. Vermögenssteuern (Varlık Vergileri)
3.1. Erbschaft- und Schenkungssteuer (Veraset ve İntikal Vergisi)
Die Übertragung des Vermögens der Personen, die die türkische Staatsangehörigkeit haben oder der Eigentümer, die sich in der Türkei befinden, durch Erbschaft oder Schenkung muss mit der Erbschafts- und Schenkungssteuer besteuert werden. Steuerpflichtig ist die Person, die durch Erbschaft oder Schenkung ein Eigentum erwirbt. Die Steuersätze bemessen sich zwischen 1% – 10%.
Auch die türkische Erbschaftssteuer kennt Freibeträge. Die Höhe der Freibeträge werden mit der folgenden Tabelle für das Jahr 2013 angegeben.
Freibeträge – Erbschaftssteuer in der Türkei (2013)
Kategorien
Freibetrag (TRY)
Für Ehegatte und Kinder einzeln
130.589,00
Bei kinderlosen Ehegatten
261.336,00
Bei Schenkungen
3.010,00
Bei Lotterien
3.010,00
Die Frist für die Steuererklärung der Erbschafts- und Schenkungssteuer in der Türkei ist an den Zeitpunkt des Todes und den Aufenthaltsort der Steuerpflichtigen gebunden. Findet der Tod innerhalb der Türkei statt und befinden sich die Steuerpflichtigen innerhalb der Türkei, so muss die Erklärung innerhalb von 4 Monaten nach dem Tode abgebeben werden. Sind die Steuerpflichtigen im Ausland, ist eine Frist von 6 Monaten zu beachten. Wenn der Tod im Ausland eintritt und die Steuerpflichtigen sich in der Türkei aufhalten, beträgt die Frist 6 Monate; wenn sich die Steuerpflichtigen auch am Todesort befinden, 4 Monate; wenn sich die Steuerpflichtigen im Ausland, aber nicht am Todesort befinden 8 Monate.
3.2. Immobiliensteuer und Grundbuchgebühr (Emlak Vergisi ve Tapu Harcı)
Die Immobiliensteuer wird für Gebäude und Grundstücke erhoben. Die Einnahmen fließen den Gemeinden zu.
Der Steuer auf Gebäude unterliegen Gebäudeeigentümer, die ein Gebäude innerhalb der Türkei besitzen. Der Steuersatz beträgt für Wohngebäude 0,1%, für andere Gebäude 0,2%.
Die Grundstückssteuer wird für Baugrundstücke und Grundstücke auferlegt. Die Steuerpflicht trifft hierbei den Eigentümer. Die Höhe der Steuer beträgt für Baugrundstücke 0,1%, für andere Grundstücke 0,2%.
Beim Kauf oder Verkauf der Immobilien in der Türkei gibt es zusätzlich eine Grundbuchgebühr sowohl für den Verkäufer als auch für den Käufer. Diese wird aktuell (2013) 2 % für den Verkäufer und 2 % für den Käufer. Die Bemessungsgrundlage ist der tatsächliche Kaufpreis, welcher nicht niedriger als von der Gemeinde festgelegten Werten angesetzt werden darf.
3.3. Kraftfahrzeugsteuer (Motorlu Taşıtlar Vergisi)
Die Kraftfahrzeugsteuer in der Türkei wird für Kraftfahrzeuge, die innerhalb der Türkei registriert sind, erhoben. Steuerpflichtig sind alle Fahrzeugbesitzer als natürliche oder juristische Personen.
Die Kraftfahrzeugsteuer wird nach Hubraum und Alter des Fahrzeuges festgesetzt. Bei Fahrzeuge mit größerem Hubraum steigt die Steuer sehr stark.
Die Kraftfahrzeugsteuer ist jedes Jahr in den Monaten Januar und Juli in zwei gleichwertigen Raten zu entrichten.
Stand: 02.02.2013
Dr. Dogan & Koyuncu
Rechtsanwaltsgesellschaft