STRAFRECHT
Eskalierte Drohung einer psychisch Kranken mit einem Messer
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Eskalierte Drohung einer psychisch Kranken mit einem Messer © Symbolgrafik:© dinostock - stock.adobe.com
München (jur). Bedroht eine psychisch kranke Frau einen herbeigerufenen Bereitschaftsarzt und anschließend die Polizei mit einem Messer, kann notfalls ein Schusswaffengebrauch gerechtfertigt sein. Dies gelte zumindest dann, wenn die Polizisten die Frau mehrfach erfolglos aufgefordert haben, das Messer wegzulegen, und sie vor einem Schusswaffengebrauch gewarnt wurde, urteilte das Landgericht München I am Mittwoch, 19. April 2023 (Az.: 15 O 14153/21).
Im Streitfall hatte der Ehemann der Klägerin am 22. September 2020 wegen akuter psychischer Probleme seiner Frau den ärztlichen Bereitschaftsdienst gerufen. Diese bedrohte den herbeigeeilten diensthabenden Bereitschaftsarzt mit einem Messer, woraufhin dieser in sein Einsatzfahrzeug flüchtete und die Polizei rief.
Die Beamten stellten zwar das Messer sicher. Als es jedoch darum ging, dass sich die Frau freiwillig in ärztliche Behandlung begeben sollte, holte sie erneut ein 25,5 Zentimeter langes Messer. Trotz mehrfacher Aufforderung der Beamten, dieses wegzulegen, ging die Frau wortlos auf die Polizisten zu. Eine Warnung, dass vor einem Schusswaffengebrauch ignorierte sie. Daraufhin schoss ein Beamter der Frau in den Bauch.
Sie musste mehrfach operiert und mehrere Wochen im Krankenhaus behandelt werden. Die Frau sah in dem Bauchschuss eine Amtspflichtverletzung des Polizisten. Der Freistaat Bayern müsse ihr 300.000 Euro Schmerzensgeld zahlen.
Als milderes Mittel hätte sie mit einem Schlagstock oder Pfefferspray überwältigt werden können. Auch ein Schuss in Arm oder Bein wäre besser gewesen.
Doch das Landgericht wies die Klage ab. Mildere Maßnahmen seien nur anzuwenden, wenn diese eine sofortige und endgültige Beseitigung der Gefahr mit Sicherheit erwarten ließen. „Polizeibeamte müssen sich nicht auf das Risiko einer ungenügenden Abwehrhandlung einlassen“, urteilten die Münchener Richter.
Entscheidend sei hier, dass die Beamten die Klägerin mehrfach erfolglos zum Weglegen des Messern aufgefordert haben. Auch die Schussabgabe sei zuvor angedroht worden. Wegen des engen Hausflurs sei der Einsatz von Pfefferspray oder eines Schlagstocks nicht zielführend gewesen.
Auch ein Schuss in den Arm oder das Bein sei keine Option gewesen, da sie wegen der geringen Entfernung dennoch hätte zustechen können. Dieses Risiko habe der Polizeibeamte nicht eingehen müssen.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock